Der Stadt-Land-Graben: Gegensätze und Interdependenzen

Montag, 18.15 – 19.45 Uhr, Univ. St.Gallen HSG, Raum A 01-014

Der Stadt-Land-Graben ist ein wiederkehrendes Thema, das im Kontext eidgenössischer Abstimmungen häufig aufgegriffen wird.
Mit der unterschiedlichen Siedlungsweise in der Stadt und auf dem Land scheint sich eine jeweils spezifische Identität entwickelt zu haben. Gleichwohl besteht ein reger Austausch von Waren, Ideen und Menschen, die sich zwischen den beiden Lebensräumen bewegen. Die Unterschiede sowie die gegenseitigen Abhängigkeiten zeigen sich auf demografischer, politischer, wirtschaftlicher als auch auf kultureller Ebene. Auch wenn die klaren Grenzen zwischen Stadt und Land immer mehr verschwimmen, bestehen nach wie vor Unterschiede. Die fortschreitende Urbanisierung und die damit einhergehenden Herausforderungen sind nicht nur in der Schweiz ein Thema, sondern auch in anderen Ländern.
Mit dieser Vortragsreihe sollen verschiedene Aspekte dieser Thematik aufgezeigt und mit Beispielen veranschaulicht werden.


3. Oktober, 18.15 – 19.45 Uhr, HSG, Raum A 01-014

«Stadt und Land» – von Gilgamesch bis SVP 

Prof. em. Dr. Paul Messerli, Professor für Humangeografie, Universität Bern

Wenn sich im aktuellen politischen Diskurs Gräben öffnen und vertiefen, nicht nur in der Schweiz, auch in Europa etwa in Deutschland, Polen und mehr, fragt man sich, wie mit diesen Kategorien in der heutigen Zeit ein Land erklärt, gespalten oder sogar destabilisiert werden soll.
Dieses Einstiegsreferat ins „Thema“ verfolgt zwei Ziele: Einmal soll in einer kulturhistorischen Perspektive aufgezeigt werden, woher das Begriffspaar kommt, und wie es sich über die Zeit bis in die Gegenwart immer wieder bedeutungsvoll auflädt. Zum andern fällt der Blick speziell auf die Schweiz, wo der Stadt-Land Konflikt als historisch bedeutendster diagnostiziert wird, und der sich gerade wieder zumindest rhetorisch verschärft. Aber die Schweiz, so mein Fazit, kann daran nicht zerbrechen, ist die Reibung an diesem und anderen Gräben doch gerade Voraussetzungen für den ständigen Ausgleich und letztlich die Stabilität in unserem Land.


31. Oktober, 18.15 – 19.45 Uhr, HSG, Raum A 01-014

Die Auswirkungen des politischen Systems auf den Stadt-Land-Graben dargestellt an der Siedlungsstruktur und der Baukultur  

Ueli Strauss, Strauss Raumentwicklung, ehemaliger Leiter des Amtes für Raumentwicklung und Geoinformation des Kantons St.Gallen, Wittenbach
Rainer Siegele, Bürgermeister, Mäder AT  

Die beiden profunden Kenner der Raumentwicklungssysteme der beiden Staaten Schweiz und Österreich, Rainer Siegele, Bürgermeister von Mäder im Land Vorarlberg und Ueli Strauss-Gallmann, ehemaliger Leiter des Amtes für Raumentwicklung des Kantons St.Gallen und heute Berater in Raumentwicklungsfragen aus Wittenbach, SG zeigen die Auswirkungen der politischen Systeme auf die Stadt-Land Fragen auf. Anhand der Siedlungsstruktur und der Baukultur werden Unterschiede zwischen den politischen Systemen, aber auch Gemeinsamkeiten aufgezeigt und anschliessend diskutiert. Zersiedlung, Innenentwicklung, Verkehrsentwicklung, Bauen im ländlichen Raum, Architekturkultur usw. sind einige Stichworte, die an diesem Abend diskutiert werden.


14. November, 18.15 – 19.45 Uhr, HSG, Raum A 01-014

Saubere Landluft – ein Mythos?  

Wir atmen pro Tag rund 15’000 Liter Luft ein und aus. Luft ist ein Lebensmittel, gute Luft ist Lebensqualität.
Obwohl in den letzten rund 40 Jahren grosse Fortschritte erzielt wurden, sind wir von einer jederzeit guten und unbedenklichen Luftqualität noch weit entfernt.
Für die Ballungszentren und Städte ist insbesondere der zunehmende Verkehr nach wie vor eine grosse Herausforderung, für die ländlichen Regionen beispielsweise der korrekte Betrieb der Holzfeuerungen, welche derzeit einen regelrechten Boom erleben.
Aber auch die hohe Nutztierdichte hinterlässt ihre Spuren in den empfindlichen Ökosystemen.


28. November, 18.15 – 19.45 Uhr, HSG, Raum A 01-014

Zwischenstadtland Schweiz: Stadt und Land – wer zahlt, befiehlt?  

Heutige Agglomerationsräume sind hoch funktional. Menschen pendeln in alle Richtungen zur Arbeit, gehen vom Einfamilienhaus auf dem Land ins städtische Theater, von der Stadtwohnung in der Freizeit ins Grüne, oder fahren vom Dorf an den Flughafen, um in die Ferien zu fliegen. Agglomerationen halten sich nicht an politische Grenzen, egal ob kommunale, kantonale oder nationale. Daraus folgt die Frage, wie solche funktionalen Räume denn regiert oder zumindest gesteuert werden können. Im Referat werden verschiedene Modelle der Steuerung von Agglomerationsräumen anhand aktueller Beispiele vorgestellt, immer unter dem Gesichtspunkt der zentralen Frage: Befehlen die, die zahlen?


12. Dezember, 18.15 – 19.45 Uhr, HSG, Raum A 01-014

Städtebauliche Konzepte für ein neues Dorf in den Bergen? Die Verbindung von Alt und Neu im Tourismusresort Andermatt  

Prof. em. Dr. Erich Renner, Professor für Nachhaltige Entwicklung, ZHAW und Gemeinderat in Andermatt

Das Dorf Andermatt in Ursern erlebt seit Jahrhunderten Hochblüten und schwierige Zeiten am Puls des Gotthard Transits. Impulse von Kulturen im Osten (Rätoromanen), im Westen (Alemannische Walser) und städtische Einflüsse von Nord wie Süd prägten und prägen das Leben im Urner Hochtal. Seit rund 15 Jahren ist der Ort durch den Bau des Tourismus Resorts der Andermatt Swiss Alps erneut in einem umfassenden Wandel begriffen.
Als Gegenpol zum alten Dorfkern im Schutzfächer des Gurschen-Bannwalds erheben sich die Appartement- und Hotelbauten des neuen Dorfteils Andermatt Reuss. Der dazwischen liegende Ortsbereich Andermatt Mitte, vormals raue Allmende und militärisches Exerzierfeld, wird aktuell mittels eines Testplanverfahrens neu gedacht. Er soll dereinst als attraktives urbanes Verbindungsglied Alt und Neu harmonisch, aber auch städtebaulich akzentuiert zusammenfügen.
Gleichzeitig ist die Gemeinde im Rahmen eines Siedlungsleitbildes dabei, die räumlichen Gestaltungsmöglichkeiten der kommenden Jahrzehnte umfassend darzustellen.
Ziel der Ausführungen ist die Würdigung der auf Effizienz beruhenden Planung und diese mit dem Konzept der Suffizienz nachhaltiger Entwicklung kritisch zu hinterfragen.


19. Dezember, 18.15 – 19.45 Uhr, HSG, Raum A 01-014

Städte des globalen Südens im Fokus von Klima- und Entwicklungsfinanz: Die (neue) urbane Agenda internationaler Finanzinstitutionen  

Prof. Dr. Hanna Hilbrandt, Professorin für Sozial- und Kulturgeografie, Universität Zürich

Städte des globalen Südens stehen zunehmend in der Verantwortung die Herausforderungen der Klimakrise zu bewältigen. Insbesondere seit der Verabschiedung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) unterstützen internationale Finanzinstitutionen Metropolen Lateinamerikas, Afrikas und Asiens bei dieser Aufgabe durch eine Reihe von Finanzinitiativen, die im Einklang mit den Grundsätzen der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) stehen. Dieser Vortrag diskutiert die Wirkungsweise globaler Klimagovernance und -finanzierung und deren Auswirkungen auf Stadtentwicklungsprozesse. Dabei zeige ich auf, wie diese Programme Agenden der Finanzmarktexpansion und Entwicklungspolitik unter dem Vorzeichen ökologisch nachhaltiger Stadtentwicklung verknüpfen.

  


Leitung der Vortragsreihe ׀ Mathias Schneider, Prof. dipl. Geogr., Lehrbeauftragter OST und Mittelschullehrer KSBG, St.Gallen ׀ Susanne Täschler, MSc UZH Geografie/ GIS-Spezialistin, St.Gallen